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Schlagwort-Archive: Homo-Ehe

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – aber Gold hat der Papst genug. Deswegen redet er auch, selbst wenn er es lassen sollte. Seine Botschaft zum katholischen Weltfriedenstag am 1. Januar tut jedenfalls wenig, um Frieden zu stiften. In ihr warnt er vor Gleichstellung der Homo-Ehe mit der zwischen Mann und Frau – mit der Begründung, das sei eine „Beleidigung der Wahrheit des Menschen, eine schwere Verletzung der Gerechtigkeit und des Friedens“.

Aber wo sieht Ratzinger den Unterschied einer Ehe zwischen einem Mann und einer Frau und der Ehe zwischen einem Mann und einem Mann? Bei sinkenden Geburtsraten kann die Begründung nicht mehr lauten, die Förderung der „traditionellen“ Ehe würde dem Schrumpfen der Bevölkerung entgegenwirken. Nein, diese „radikal anderen Formen der Verbindung“ sei unnatürlich, sagt der Papst. Damit leugnet er gesellschaftliche Realitäten, die nicht in das jahrtausendealte Weltbild der katholischen Kirche passen. Dass es Homosexualität gibt, ist Fakt. Sie ist tatsächlich „eingeschrieben in die menschliche Natur“, anders als die engstirnige Auslegung von Ehe, die der Papst vertritt.

Überhaupt ist das Argument der Widernatürlichkeit nichtig. Bei über 1500 Tierarten haben Forscher homosexuelles Verhalten nachgewiesen. Der Mensch ist nur ein weiteres Wesen, das dieses Verhalten zeigt. Die katholische Kirche versucht hier also nur, mit pseudowissenschaftlichen Argumenten zu überzeugen. Das allein ist schon ein Zugeständnis an eine Gesellschaft, die eine Position der spirituellen Autorität nicht mehr fraglos hinnimmt. Allerdings haben Intellektuelle des 19. Jahrhunderts auch versucht, Rassismus wissenschaftlich zu untermauern – was nach modernen Erkenntnissen unhaltbar ist.

Dass die Ehe in einer Gesellschaft eine zentrale Rolle einnimmt, lässt sich nicht leugnen. Aber auch das ist nicht die Art der Ehe, von der Ratzinger spricht. Denn wo er die Eheschließung vor einem Priester seiner Kirche und die Verbindung zur Glaubensgemeinschaft meint, ist die gesellschaftliche Relevanz eine andere: Sie wird bestimmt vom Staat, der Verheirateten besondere Vorteile und Privilegien garantiert – aber auch nur, wenn der Staat, das heißt ein Standesbeamter, die Ehe schließt. Ein kirchliches Ritual ist dazu nicht nötig, viele Ehepartner sparen es sich. Bei 34 Prozent Konfessionslosen in Deutschland ist das auch nicht verwunderlich. Die Ehe, von der der Papst spricht, ist so oder so ein Auslaufmodell – ob Homosexuelle heiraten können, tangiert sie gar nicht.

Dass der Einsatz der katholischen Kirche gegen die gesellschaftliche Anerkennung von Homosexuellen „überkonfessionell“ sein soll, ist dann nur ein verzweifelter Versuch, die eigenen Vorurteile zu rechtfertigen. Der Papst will hier die bequemen Schuhe des Märtyrertums anziehen: Er behauptet, seine Kirche sei ein einsamer Vorstreiter für menschlichen Frieden, ohne dass das etwas mit den eigenen Überzeugungen zu tun hätte.

Vorbei sind die Zeiten, in denen die Kirche das öffentliche Leben und die Sozialgemeinschaft diktiert hat. Ratzingers Botschaft zum katholischen Weltfriedenstag hat nur oberflächlich etwas mit Frieden zu tun. Allein aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit sind die Aussagen des Papstes aber interessant. Denn heute muss sich die Kirche bemühen, ihre Relevanz zu erhalten. Sie wird es nicht schaffen, indem sie sich gegen die Liberalisierung der Gesellschaft stellt. Nach repräsentativen Umfragen sind vier von fünf Deutschen für die Gleichstellung der Homo-Ehe. Bei 25 Millionen Katholiken in Deutschland muss es dort zwangsweise eine Schnittmenge geben. Wenn also selbst die eigenen Schäfchen widersprechen, ist das das deutlichste Zeichen, dass sich die Kirche ändern muss – oder untergehen wird. Diskriminierung hat der Mann auf dem goldenen Thron wohl nie hinnehmen müssen.

Oft sind es nicht die großen wirtschaftlichen Probleme, die in der Politik die Gemüter erregen. Obwohl sich Mitt Romney und Barack Obama im Wahlkampf dieses Jahr vor allem die wirtschaftliche Entwicklung der USA vorgenommen hatten, gibt es viele Reizthemen, die für die Entwicklung einer Nation weniger wichtig sind, aber oft das Leben der Bürger ebenso stark betreffen. Wie also steht der Präsident der Vereinigten Staaten zu Marihuana, Homo-Ehe und Abtreibung?

Marihuana

Wie Obama in seiner eigenen Autobiografie geschrieben hat, rauchte er in seiner Jugend selbst Marihuana – und das mehr als gelegentlich. Als Politiker ist er jedoch gegen die Legalisierung der Droge. 17 Staaten erlauben medizinisches Marihuana, die Staaten Washington und Colorado seit kurzem auch den „recreational use“. Bundesgesetz verbietet Marihuana.  Das Verhältnis zwischen Staats- und Bundesgesetzen ist in den USA generell oft gespannt, und die Zahl der Razzien auf die Hersteller von medizinischem Marihuana ist während Obamas Präsidentschaft gestiegen. Obwohl er die Staatsgesetze respektiere, sei es nie seine Ansicht gewesen, dass der massenhafte Anbau der Droge geduldet werden solle, sagte Obama dazu. Das Rolling Stone Magazine fasst dieses juristische und politische Chaos zusammen – eine klare Linie lässt sich jedoch nicht erkennen.

Gleichgeschlechtliche Ehe

Mittlerweile können Homosexuelle in neun amerikanischen Bundesstaaten und dem District of Columbia heiraten. Ein Gesetz auf Bundesebene, der Defense of Marriage Act, definiert Ehe aber als die Verbindung eines Mannes mit einer Frau. Dieses Gesetz gibt Bundesstaaten die Möglichkeit, eine gleichgeschlechtliche Ehe, die in einem anderen Staat geschlossen wurde, nicht anzuerkennen. Als Senator hatte Barack Obama die Ehe ebenfalls im Sinne dieses Gesetzes definiert. Obwohl er für die Gleichbehandlung homosexueller Partnerschaften als Civil Unions einstand, basierte seine Vorstellung der Ehe auf der traditionellen, christlich geprägten Idee. Im Laufe seiner Präsidentschaft hat sich seine Einstellung allerdings geändert. 2011 hat er das Justizministerium angewiesen, den Defense of Marriage Act nicht mehr gerichtlich zu verteidigen.  Dass North Carolina dieses Jahr in einer Abstimmung das Verbot der Homo-Ehe bestätigte, nannte Obama enttäuschend. Im Mai unterstützte er schließlich öffentlich die Ehe – seine Einstellung nannte er immer in der Entwicklung begriffen.

Abtreibung

Viele Religionsgemeinschaften in den USA versuchen, das Thema Abtreibung zu besetzen. Der Abbruch der Schwangerschaft bleibt ein massives Streitthema in der amerikanischen Gesellschaft – die Fraktionen Pro Choice und Pro Life weichen keinen Schritt von ihren Positionen ab. 1973 entschied der Supreme Court im Präzedenzfall Roe v. Wade, dass Frauen generell ein Recht auf Abtreibung haben, wenn auch in gewissen Grenzen. Obama unterstützt dieses Recht. In einem Interview im Wahlkampf 2008 sagte er, dass er die Entscheidungsfreiheit der Frau unterstützt, Abtreibungen aber vermeiden will – Obama setzt auf Aufklärung und Verhütung. Gerade diese Einstellung wird aber oft angegriffen. Erst letztes Jahr etwa stimmten Bürger in Mississippi über ein Gesetz ab, das den Beginn des Lebens im Moment der Empfängnis definiert – und so selbst viele Verhütungsmittel verboten hätte. Das Gesetz scheiterte, aber während sich in den letzten Jahren weniger Menschen als Pro Choice bezeichneten, wächst die Zahl der Pro Life-Unterstützer. Obama ist jedoch keiner von ihnen.

Ungewöhnlich bleiben Obamas eigene Aussagen, dass sich seine Einstellungen zu manchen Themen ändern. Ob das authentische Gedankengänge sind oder nur politisches Taktieren, ist dabei offen. Schwierig genug ist es für ihn, seine liberalen Positionen mit seinen christlichen Werten zu vereinen, ohne unseriös zu wirken. Das ist besonders bei den Fragen der Homo-Ehe und der Abtreibung kritisch, die beide oft vor religiösem Hintergrund diskutiert werden. Darüber hinaus hat der Präsident der USA generell innenpolitisch eine schwächere Haltung, als es nach außen scheint. Dies zeigt sich an den oft konfligierenden Rechtssprechungen von einzelnen Bundesstaaten und der Bundesregierung.